Zum Sachverhalt:
Der Vermieter einer Wohnung hat Anspruch auf Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete, welche am Tag des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens beim Mieter gilt (§ 558 Abs.1 BGB). Deren Höhe steht oft im Streit, wenn zur Begründung der Mieterhöhung ein Mietspiegel verwendet wird, dessen Datenerhebung schon länger zurück liegt und in der Gemeinde eine signifikante Mietsteigerung stattgefunden hat. Im konkreten Fall hatte der Mieter eine 105 m² große Wohnung für 660 €/Monat gemietet. Der Vermieter begründete sein 7 Monate nach dem Erhebungsstichtag zugegangenes Erhöhungsverlangen mit dem Mietspiegel für Reutlingen 2013. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung war bereits der nächste Mietspiegel (2015) erschienen. Danach war die Miete in den 19 Monaten zwischen den beiden Erhebungsstichtagen um ca. 12% gestiegen. Das Landgericht hatte den Mittelwert des einschlägigen Mietspiegelfelds 2013 „fortgeschrieben“ und für die sieben Monate um monatlich ca. 0,65% erhöht.
Aus den Gründen:
Zu Recht! Nach Ansicht des BGH ist der Stichtagszuschlag dem Grunde und der Höhe nach gerechtfertigt. Maßgeblich für die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete ist der Tag des Zugangs des Mieterhöhungsverlangens beim Mieter. Liegt dieser ca. 7 Monate nach dem Zeitpunkt, zu dem die Daten des Mietspiegels, mit dem der Vermieter sein Erhöhungsverlangen begründet hat, erfasst wurden, kann es nach Ansicht des BGH zulässig sein, dass der Tatrichter zu den Werten einen Zuschlag wegen einer Mietpreisentwicklung hinzurechnet. Der BGH folgt dabei der in der Literatur einhellig vertretenen Auffassung, dass andernfalls ein unzulässiger Mietenstopp eintreten würde. Zunächst wiederholt der BGH seine Rechtsprechung, dass der Tatrichter auch einen einfachen Mietspiegel zu seiner Überzeugungsbildung heranziehen darf. Sodann verneint der BGH eine Beschränkung des tatrichterlichen Ermessens zur Bestimmung der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete; insbesondere würden die gesetzlich für Mietspiegel vorgesehenen Aktualisierungszyklen nicht zur Folge haben, dass der Tatrichter die Mietspiegelwerte nicht fortschreiben dürfe. Zudem führt der BGH aus, dass dem unmittelbar nachfolgenden Mietspiegel eine Indizwirkung zukomme, sodass anhand dessen ein Rückschluss auf eine zwischenzeitliche Mietentwicklung zulässig sei. Ohne zusätzliche Erkenntnisse sei es deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter von eine linearen Mietentwicklung ausgeht.
Praxishinweis:
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist kein statischer, sondern ein dynamischer Wert. Ein Mietspiegel hingegen weist einen Wert zu seinem Erhebungszeitpunkt aus, welcher für die Geltungsdauer des Mietspiegels somit statisch ist. Dies darf jedoch verfassungsrechtlich nicht zu einem Mietenstopp während der Geltungsdauer eines Mietspiegels führen. Die Mietparteien dürfen daher im Rechtsstreit über eine Mieterhöhung Veränderungen der ortsüblichen Vergleichsmiete, die seit der Datenerhebung eines zur Begründung herangezogenen Mietspiegels eingetreten sind, vorbringen, welche der Tatrichter im Rahmen der Beweiswürdigung als Zu. Oder Abschlag berücksichtigen darf. Im erhöhungsverlangen darf der Vermieter jedoch solche Zuschläge nicht schon ansetzen, gegebenenfalls muss er ein anderes Begründungsmittel herabziehen. Im Ergebnis also hat die vom Vermieter im Erhöhungsverlangen angegebene neue Miete keine Verbindlichkeit. Der Vermieter kann im Rechtsstreit eine höhere Miete geltend machen, als er im Erhöhungsverlangen angegeben hat, wenn er nachweisen kann, dass die ortsübliche Vergleichsmiete zum Zeitpunkt des Zuganges des Erhöhungsverlangens beim Mieter über dem Wert des zur Begründung herangezogenen Mietspiegels liegt. Das gleiche gilt jedoch spiegelverkehrt auch für den Mieter!
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