Richtig Ersteigern, aber wie?

6 Schritte zum Ersteigerungserfolg

Ein Immobilienerwerb in der Zwangsversteigerung erfordert Spezialwissen.

1. So finden Sie Ihre Immobilie und die Informationen dazu

Zwangsversteigerungstermine werden von den Amtsgerichten in der Regel drei bis vier Monate vorher öffentlich bekannt gemacht. Veröffentlichte Termine aller Amtsgerichte finden Sie im Argetra-Versteigerungskalender oder in der Zwangsversteigerung Aktuelloder auf dem Zwangsversteigerungsportal.

Das Gericht holt regelmäßig vor der Versteigerung ein Gutachten ein. Dieses kann bei diesem kostenlos eingesehen und oft gegen ein geringes Entgelt kopiert werden, um es zu Hause in Ruhe zu lesen. Aus dem Gutachten lässt sich der Verkehrswert entnehmen sowie oftmals Hinweise auf Erträge, Denkmalschutz, Bauschäden und -mängel. Der üblicherweise beiliegende Auszug aus dem Grundbuch verschafft Klarheit über mögliche Grundstücksbelastungen wie Nießbrauchrecht, Wohnrecht oder Wegerecht Dritter. Bei Anfragen an das Amtsgericht müssen Sie unbedingt das Aktenzeichen des Zwangsversteigerungsverfahrens angeben, welches Sie sich am besten aus der Versteigerungsanzeige (s.o.) merken.

2. Nehmen Sie das Objekt unter die Lupe

in baulicher Hinsicht:
Der persönliche Eindruck zählt! Sie sollten daher immer die Immobilie Ihres Interesses selbst besichtigen. Erkunden Sie daher, ob Grundstück und Gebäude zu Ihnen passen, und sehen Sie sich dabei auch die Bausubstanz an, am besten mit Hilfe eines Architekten oder Bauingenieurs. Aber Vorsicht: der Eigentümer ist nicht verpflichtet, Ihnen Zutritt zu gewähren. Dann aber schauen Sie sich Ihr Lustobjekt von außen an. Die die Zwangsversteigerung betreibende Bank ist oft bereit, Bietinteressenten einen Termin für die Innenbesichtigung anzubieten.

in finanzieller Hinsicht:
Auch wenn Sie beim Erwerb in der Zwangsversteigerung keine Notar- und Maklerkosten tragen, kommen Kosten des Zuschlags und der Grundbucheintragung, Zinsen, Kosten einer Bietsicherheit und spätere typische Eigentümerverbindlichkeiten auf Sie zu. Den zu bezahlenden Teil Ihres Meistgebots (sog. Bargebot) einschließlich Zinsen müssen Sie in der Regel vier bis sechs Wochen nach dem Zuschlag zum Verteilungstermin zahlen. Dann spätestens muss Ihre Finanzierung stehen. Vergessen Sie dabei nicht die zu entrichtende Grunderwerbsteuer! Deshalb sprechen Sie frühzeitig mit Ihrem Steuerberater, und suchen Sie sich die richtige Bank.

in rechtlicher Hinsicht:
Verschaffen Sie sich ein Bild von Belastungen des Objekts. Welche erlöschen mit Ihrem Erwerb, welche bleiben bestehen? Beim Erwerb einer Eigentumswohnung sehen Sie sich unbedingt die Gemeinschaftsordnung und wenn möglich die letzten Wirtschaftspläne an. Fragen Sie hierzu am besten einen Anwalt. Passt alles, so legen Sie Ihr persönliches Maximalgebot fest!

3. Gehen Sie auf Nummer sicher

Gebote können Sie nur im Versteigerungstermin abgeben. Nicht selten wird kurz vor einer Versteigerung der Termin abgesagt. Rufen Sie deshalb vorher beim Amtsgericht an und fragen nach, ob der Termin wirklich stattfindet. Unter Umständen kann ein Termin auch verschoben oder sogar endgültig aufgehoben werden. Zu Ihrem Ersteigerungstermin müssen Sie einen gültigen Ausweis, am besten Ihren Personalausweis, vorzeigen. Sind Sie zum Versteigerungstermin verhindert und möchten sich daher von jemanden vertreten lassen – dies gilt auch für den Ehegatten – müssen Sie diesem eine öffentlich beglaubigte Bietvollmacht mitgeben, die jeder Notar ausstellt. Firmenvertreter müssen ihre Vertretungsberechtigung durch einen beglaubigten Handelsregisterauszug neuesten Datums nachweisen. Zudem müssen Sie in der Regel eine Sicherheit von 10% des Verkehrswerts vorweisen, wenn Sie zu bieten beginnen. Diese darf nicht durch Barzahlung, sondern durch rechtzeitige Überweisung an die Gerichtskasse geschehen (der Einzahlungsbeleg ist zum Termin mitzubringen). Sie haben auch die Möglichkeit, im Termin einen Bundesbankscheck oder einen Verrechnungsscheck einer sonstigen in Deutschland tätigen Bank zu übergeben. Achtung dabei: der Scheck darf frühestens am 3. Werktag vor dem Versteigerungstermin ausgestellt worden sein. Und schließlich bietet sich eine Bankbürgschaft an.

4. Üben Sie und entwickeln Sie Ihre Bietstrategie

Sammeln Sie bei „Probeterminen“ Erfahrung, bevor Sie in „Ihren“ Termin gehen. Schnuppern Sie die Atmosphäre und studieren Sie die Strategien erfolgreicher Bieter. Setzen Sie sich das Gebotslimit deutlich oberhalb einer „Schallgrenze“ (z.B. € 209.000,- EUR) und gehen Sie forsch darauf zu. Ungeübte „passen“ meist bei € 199.000,-. Bieten Sie möglichst in krummen Summen und ungleichen Schritten und verbergen Sie vor Mitbietern und Bankenvertretern Ihr Maximalgebot. So irritieren Sie Ihre Bietkonkurrenz. Wenn Sie durch Ihr unorthodoxes Verhalten Mitbieter aus dem Feld schlagen, haben Sie Ihr Ziel erreicht!

5. Der Versteigerungstermin und Zuschlag

Die Bietzeit, also der Zeitraum von der Aufforderung zur Abgabe von Geboten bis zum Schluss der Versteigerung, beträgt mindestens 30 Minuten. Und wenn Sie nach dem Ausruf „zum Ersten, zum Zweiten, zummmm Dritten“ Meistbietender sind, werden Sie Eigentümer erst mit gesondertem Gerichtsbeschluss, sog. Zuschlag, der nicht am gleichen Tag der Versteigerung erfolgen muss. Bei einem Gebot unter 5/10 des festgesetzten Verkehrswertes muss der Zuschlag von Amts wegen versagt werden. Bei Geboten zwischen 5/10 und 7/10 des Verkehrswertes kann der Gläubiger, in der Regel die Bank, die Versagung des Zuschlags beantragen. Sind die Wertgrenzen ausnahmsweise weggefallen, können Sie dies der Terminsankündigung entnehmen. Weil Sie bei einem Versteigerungstermin wichtige Entscheidungen in äußerst kurzer Zeit treffen müssen, ist es sinnvoll, einen erfahrenen Helfer dabeizuhaben. Das kann ein mit der Materie vertrauter Banker oder ein Rechtsanwalt sein. Das Honorar für einen Beistand sollten Sie angesichts der Beträge für die Erwerbsnebenkosten nicht scheuen.

Strohmann erlaubt
In manchen Fällen kann es sinnvoll, sein, nicht persönlich als Bieter bei einer Zwangsversteigerung in Erscheinung zu treten. Zum Beispiel immer dann, wenn mit einer starken Gegenwehr eines bekannten Konkurrenten gerechnet werden muss. Der Konkurrent könnte unter Umständen einem Unbekannten die Immobilie eher überlassen (und sich rechtzeitig aus der Bieterrunde zurückziehen) als beispielsweise seinem Nachbarn. Hier bietet sich ein Strohmann an, der absolut legal ist. Möglich wird das, weil der Meistbietende ja nicht automatisch zum neuen Eigentümer wird. Ein Interessent kann im Dunkeln bleiben, indem der Meistbietende seine Rechte aus dem Meistgebot sofort an ihn abtritt. Er erhält dann an seiner Stelle den Zuschlag. Der Meistbietende kann aber auch von vornherein in verdeckter Stellvertretung für einen Dritten mitbieten. Bei der Verhandlung über den Zuschlag weist er dann das Vertretungsverhältnis in notarieller Form nach. Bis zum Zeitpunkt des Meistgebots kann der Erwerber also unerkannt bleiben. Aber Vorsicht: In diesen Fällen hält die Grunderwerbsteuer doppelt an, nämlich für die Abgabe des Meistgebots und für die Abtretung des Rechts aus dem Meistgebot oder das Offenlegen der Vollmacht.

Übrigens: Immobilien kommen bei Zwangsversteigerungen nicht „unter den Hammer“ – denn der zuständige Rechtspfleger hat gar keinen.

6. Nach dem Zuschlag

Als neuer Eigentümer können Sie den Alteigentümer nun auffordern, Ihre Immobilien zu räumen und an Sie herauszugeben. Gegenüber Mietern und Pächtern haben Sie ein Sonderkündigungsrecht. Es gelten jedoch die Bestimmungen des Mietrechts, so dass Sie Wohnraummietern nur mit einem berechtigten Interesse, z.B. Eigenbedarf, kündigen können. Bei all dem denken Sie noch an den Verteilungstermin, zu welchem Sie Ihr Bargebot und Zinsen zu zahlen haben.

Beachten Sie bitte, dass hier nur allgemeine Hinweise über den grundsätzlichen Verfahrensablauf gegeben werden können. Es ist nicht möglich, auf diesem Weg alle denkbaren Besonderheiten, die den Einzelfall betreffen können, darzustellen.

Wir helfen und stehen Ihnen gerne zur Seite

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