In einer Eigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung. Um die mit ca. 2,1 Millionen € veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschlossen sie zudem die Aufnahme eines KFW-Kredits in Höhe von ca. 1,3 Millionen € mit einer Laufzeit von zehn Jahren sowie die Finanzierung des restlichen Betrages von ca. 900.000 € durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage.

Das Amtsgericht hat die Dinge Beschluss über die Darlehensaufnahme gerichtete Anfechtungsklage der abgewiesen. Das Landgericht hat den Beschluss hingegen für ungültig erklärt. Die dagegen gerichtete Revision hatte keinen Erfolg.

 

Der Bundesgerichtshof (Urt. v. 25.09.2015 – V ZR 244/15) hat entschieden, dass auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Ob dies der Fall ist, kann allerdings nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interesse bestimmt werden. Im konkreten Fall hat der Senat die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über die Kreditaufnahme verneint. Dabei stützt er sich auf im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

Das Wohnungseigentumsgesetz enthält keine Anhaltspunkte, dass die Wohnungseigentümer die Möglichkeit eine Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaften und besonders gelagerten Ausnahmefällen möglich sein soll. Allerdings muss das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Gibt es Zahlungsausfälle bei Wohnungseigentümern, müssen die daraus resultierenden Fehlbeträge durch entsprechend höhere Beträge der übrigen Wohnungseigentümer oder durch eine Sonderumlage ausgeglichen werden. Eine solche Nachschusspflicht kann zwar auch entstehen, wenn ein Vorhaben durch eine Sonderumlage finanziert wird und sich diese bei einzelnen Wohnungseigentümern als uneinbringlich erweist.

 

Das damit verbundene Ausfallrisiko ist beherrschbar, weil die Sonderumlage von den aktuellen Wohnungseigentümern aufzubringen ist und meist hinreichend sicher bekannt ist, ob mit einem Zahlungsausgleich zu rechnen ist; auch kann jedenfalls die Durchführung von Maßnahmen, die Aufschub dulden, davon abhängig gemacht werden, dass die beschlossene Sonderumlage von allen Wohnungseigentümern gezahlt wird.

 

Bei der Aufnahme eines Darlehens lässt sich das Risiko des Ausfalls einzelner Wohnungseigentümer dagegen nur sehr begrenzt abschätzen. Zuverlässige Prognosen über die Bonität des einzelnen Wohnungseigentümers sind schon wegen der meist langen Laufzeit des Darlehens nicht möglich; darüber hinaus muss stets damit gerechnet werden, dass es zu Eigentümerwechseln in dieser Zeit kommt, sich also die Zusammensetzung der Gemeinschaft verändert. Angesichts dieses Haftungsrisikos ist bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten.

 

Ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, lässt sich nur nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer feststellen. Dabei sind folgende Umstände von besonderer Bedeutung: Es kommt wesentlich auf den Zweck des Darlehens an, in erster Linie Instandhaltung- bzw. Modernisierungsmaßnahmen. Je dringlicher eine Maßnahme ist, desto eher treten andere Nachteile eine Finanzierung durch Darlehen bei der Abwägung zurück. Von Bedeutung ist ferner die Möglichkeit, die notwendigen Mittel durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage und Erhebung einer Sonderumlage aufzubringen.

In diesem Zusammenhang sind den mit einer Darlehensaufnahme einhergehenden Belastungen und Risiken die Vor- und Nachteile einer Finanzierung der Maßnahme mittels Sonderumlage gegenüber zu stellen. Eine Darlehensfinanzierung wird insbesondere in Betracht kommen, wenn die Erhebung einer Sonderumlage die einzelnen Wohnungseigentümer finanziell stark belastete oder gar die Leistungsfähigkeit einkommensschwächerer Wohnungseigentümer überforderte.

Relevant sind zudem die Höhe des Darlehensbetrages im Verhältnis zu der Anzahl der Wohnungseigentümer, die Kreditkonditionen, die Laufzeit des Darlehens und die Rückzahlungsbedingungen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts muss eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme nicht zwingend eine Option für die Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil als Sonderumlage zur Reduzierung des Darlehensbetrags einzuzahlen.

Auch die Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens muss gewissen Anforderungen genügen. Der Beschluss muss Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getätigt ist. Ferner muss vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlangen Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein. Dies ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.

Im vorliegenden Fall entsprach der angegriffene Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung. Dem Protokoll der Eigentümerversammlung ließ sich nicht entnehmen, dass über das Risiko einer Nachschusspflicht unterrichtet worden ist.

(Quelle: BGH, PM Nr. 164/2015 v. 25.09.2015)

 

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