Zum Sachverhalt:
Ein Bauträger beabsichtigte, Eigentumswohnungen an Privatkunden zu verkaufen. Nach Besichtigung einer Dachgeschosswohnung ließ er dem Kaufinteressenten den Kaufvertragsentwurf zusenden, in dem der Kaufpreis von 376.700 Euro genannt war. Mit diesem wurde die Wohnung auch beworben. Aufgrund der noch nicht gesicherten Finanzierung des Kaufinteressenten vereinbarten dieser und der Verkäufer ein Notartermin für einen späteren Zeitpunkt. Zwischenzeitlich erklärte der Verkäufer dem Kaufinteressenten auf dessen Nachfrage, dass der Abwicklung des Kaufvertrags seinerseits keine wesentlichen Hindernisse entgegenstünden. Daraufhin beantragte der Kaufinteressent ein Darlehen bei seiner Bank. Ungefähr eine Woche vor dem vereinbarten Beurkundungstermin verlangte der Verkäufer vom Kaufinteressent plötzlich einen rd. 1/3 höheren Kaufpreis. Damit war der Kaufinteressent nicht einverstanden und nahm von dem Kaufvorhaben Abstand. Stattdessen verlangte er nun vom Verkäufer die Erstattung der ihm für die Rückabwicklung des beantragten Darlehens angefallenen Kosten. Das Landgericht wies seine Klage ab, die Berufung zum Oberlandesgericht blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgte der Kaufinteressent sein Begehren vor dem BGH weiter.
Aus den Gründen:
Ohne Erfolg! Der Verkäufer muss keinen Schadenersatz leisten. Er hat keine ihm obliegende Pflicht verletzt, insbesondere keine „vorvertragliche Schutzpflicht“, so der BGH. Bei einem Grundstückskaufvertrag führe die Weigerung einer Partei ab der Mitwirkung an der Beurkundung erst dann zur Pflichtverletzung, wenn eine besonders schwerwiegende, in der Regel vorsätzliche Treuepflichtverletzung gegeben ist. Eine solche kann beispielweise vorliegen, wenn eine Partei eine nicht vorhandene Abschlussbereitschaft vorspiegelt oder wenn sie zunächst abschlussbereit war, im Laufe der Vertragsverhandlungen dann aber innerlich davon abrückt, ohne dies der anderen Partei offenzulegen. Würde bereits ein „triftiger Grund“ für die Verweigerung der Beurkundung eines Grundstückskaufvertrags eine Schadenersatzpflicht begründen, würde sie das indirekt zum Abschluss des Kaufvertrags zwingen. Das aber wäre mit der Formvorschrift des § 311b BGB nicht vereinbar, nach welcher ein Immobilienkaufvertrag notariell beurkundet werden muss. Ihr Sinn und Zweck liege gerade darin, die Kaufvertragsparteien bei Nichteinhaltung dieser Form nicht zu binden. Selbst wenn bereits eine Partei, wie hier der Verkäufer, die Erklärung abgegeben habe, den Vertrag unter bestimmten Bedingungen abzuschließen, stehe es ihr daher bis zur Beurkundung frei, ihre Kauf- bzw. Verkaufsabsicht aufzugeben oder abzuändern. Das gelte selbst dann, wenn sie weiß, dass der potentielle Vertragspartner bereits Vermögensdispositionen im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages getroffen hat, z.B. durch den Abschluss eines Finanzierungsvertrages. Solche Vermögendispositionen treffe eine Partei bis zur Beurkundung auf eigenes Risiko.
Praxishinweis:
Das Urteil überrascht nicht, denn der BGH setzt damit seine bisherigeRechtsprechung fort. Die Parteien eines Grundstückskaufvertrages haben bis zur notariellen Beurkundung weitrechende Entscheidungsfreiheit, ob, mit wem und zu welchen sonstigen Bedingungen sie den Vertrag schließen wollen. Eine Verletzung vertraglicher Pflichten müssen sie sich nur in seltenen Fällen vorwerfen lassen, weshalb ein Schadensersatzanspruch sehr oft ausscheidet. Insbesondere für den Kaufinteressenten bedeutet dies, dass er die Möglichkeit des Scheiterns des Vertragsabschlusses stets vor Augen haben muss, wenn er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Kaufvertrages Vermögensdispositionen trifft, gerade wenn er eine Fremdfinanzierung abschließt.
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