Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst, unter welchen Umständen eines auf Eigenbedarf heranwachsender Kinder gestützte Eigenbedarfskündigung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs unwirksam ist.

 

Die Beklagte und der Kläger schlossen am 14.04.2011 einen unbefristeten Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung in Mannheim. Mit Schreiben vom 28.02.2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.03.2013. Als Grund gab er an, dass seine 20 Jahre alte Tochter, die nach ihrem im Sommer 2012 abgelegten Abitur ein Jahr in Australien verbracht hat, werde am 18.07.2013 nach Deutschland zurückkehren. Sie wolle danach eine Arbeitsstelle in Frankfurt/Main antreten und ein berufsbegleitendes Studium in Mannheim aufnehmen. Nach ihrer Rückkehr wolle sie eine eigene abgeschlossene Wohnung beziehen. Vor ihrem Auslandsaufenthalt habe die Tochter ein Zimmer bei ihren Eltern bewohnt. Die Beklagte widersprach der Kündigung, weil der Eigenbedarf für den Kläger bei Abschluss des Mietvertrages vorhersehbar gewesen sei.

Das Amtsgericht gab der Räumungsklage des Klägers statt, das Landgericht hat die Klage in der Berufung mit der Begründung abgewiesen, die Eigenbedarfskündigung sei jedenfalls wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam. Für die Annahme von Rechtsmissbräuchlichkeit reiche aus, wenn bereits bei Abschluss des Mietvertrages hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das Mietverhältnis nur von kurzer Dauer sei.
Die dagegen gerichtete Revision hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass die auf Eigenbedarf gestützte Kündigung nicht unwirksam sei wegen Rechtsmissbrauchs.

 

Zwar liegt nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ein widersprüchliches rechtmissbräuchliches Verhalten vor, wenn der Vermieter Wohnraum auf unbestimmte Zeit vermietet, obwohl er entweder entschlossen ist oder zumindest erwägt, ihn alsbald selbst in Gebrauch zu nehmen. Kein Rechtsmissbrauch liegt dagegen vor, wenn das künftige Entstehen eines Eigenbedarfs für den Vermieter zwar im Rahmen einer – von Teilen der Instanzrechtsprechung erforderlich gehaltenen – „Bedarfsvorschau“ erkennbar gewesen wäre, der Vermieter aber bei Mietvertragsabschluss weder entschlossen gewesen ist, alsbald Eigenbedarf geltend zu machen, noch ein solches Vorgehen erwogen, also ernsthaft in Betracht gezogen hat.

 

Denn bei verständiger und objektiver Betrachtung bringt ein Vermieter dadurch, dass er dem Mieter einen unbefristeten Mietvertrag anbietet und nicht von sich aus Angaben über den Stand und die mögliche Entwicklung seiner familiären und persönlichen Verhältnisse (etwa Heranwachsen von Kindern, drohende Trennung von Familienangehörigen, Erkrankung, berufliche Veränderungen) macht, regelmäßig nicht zum Ausdruck, dass er die Möglichkeit eines alsbaldigen Eigenbedarfs unaufgefordert geprüft hat und nach derzeitigem Erkenntnisstand ausschließen kann.

 

Würde vom Vermieter bei Abschluss eines Mietvertrags eine solche – sich nach einer verbreiteten Auffassung auf bis zu fünf Jahre erstreckende – Lebensplanung verlangt werden, würde dessen verfassungsrechtlich verbürgte Freiheit missachtet, über die Verwendung seines Eigentums innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei zu bestimmen.

 

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