Der Ablauf eines Zivilprozesses
Sehr geehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant,
viele Mandanten wissen nicht, was in einem zivilen Streitverfahren auf Sie zukommt. Im Folgenden sehen Sie im Überblick, wie ein Verfahren ablaufen könnte, wenn Sie gegen eine Privatperson, ein Unternehmen oder eine andere Organisation einen Anspruch durchsetzen wollen. Sie finden hier Informationen darüber, was Sie tun müssen und was Sie über das Verfahren wissen sollten.
Die Darstellung stellt einen normalen Fall ohne überraschende Besonderheiten schematisch dar. Je nach Rechtsgebiet und abhängig vom Einzelfall kann es zu deutlichen Abweichungen von dieser Übersicht kommen.
1. Vorbereitung
Sie haben sich entschieden, sich in einem Konfliktfall anwaltlich beraten zu lassen. Deshalb vereinbaren Sie bei Ihrem Anwalt einen Termin.
Bereits im Vorfeld sollten Sie darauf achten, alle Daten und Unterlagen, (z.B. Verträge, Briefwechsel, Mahnungen), die mit dem Konflikt zu tun haben, zu sammeln und sich den chronologischen Ablauf der Ereignisse zu notieren. Heben Sie auch die Umschläge von Briefen auf, weil es für die Berechnung von Fristen wichtig ist.
Bereits vor dem Gespräch werden wir Sie bitten, ein für meine Mandanten entworfenes „Kontaktdatenblatt“ auszufüllen. Dieses erfasst alle Ihre für die Bearbeitung Ihres Mandats notwendigen Daten, wie Name, Anschrift, Kontaktmöglichkeiten etc. und hilft Ihnen und uns, sich im Beratungsgespräch auf das Wesentliche zu konzentrieren und Zeit zu sparen.
Ihre Aufgabe
- Unterlagen sammeln und ordnen
- chronologische Aufstellung der Ereignisse<
- Aufstellung möglicher Zeugen
- Stammdatenblatt ausfüllen
2. Das erste Beratungsgespräch beim Anwalt
Im ersten Beratungsgespräch werden, außer bei besonders komplexen Fällen, bereits die wesentlichen Grundzüge des weiteren Vorgehens besprochen. Deshalb ist es wichtig, dieses Gespräch gut vorzubereiten.
Schilderung der Ausgangslage
Im ersten Schritt werden wir Sie um eine kurze Schilderung der Ereignisse bitten. Wir möchten dabei von Ihnen wissen:
- Was ist wirklich passiert?
- Wer ist beteiligt?
- Welches Ziel verfolgen Sie mit der anwaltlichen Beratung?
- Und, sehr wichtig für die Durchsetzung Ihrer Ansprüche: Was haben Sie für Unterlagen bzw. Zeugen?
Es ist von großer Bedeutung, uns alle Ihnen bekannten Fakten wahrheitsgemäß zu nennen. Nur wenn wir alle Einzelheiten kennen, können wir die Erfolgsaussichten Ihres besonderen Falles realistisch einschätzen und verhindern, dass Fristen versäumt werden oder Forderungen verjähren. Dabei kann die Prüfung ihres Falles auch ergeben, dass von einer Klage abzuraten ist, wenn Ihr Fall keine Aussicht auf Erfolg hat. Denn als Anwälte üben wir einen freien, nicht gewerblichen Beruf aus und sind gesetzlich verpflichtet, ausschließlich Ihre Interessen zu vertreten.
Kostenberatung
Als nächstes werden wir Ihnen erklären, welche Kosten auf Sie zukommen könnten. Grundsätzlich kann Ihr Rechtsanwalt entweder nach der gesetzlichen Vergütung oder aufgrund einer Vergütungsvereinbarung bezahlt werden. Hierzu werden wir Sie ausführlich beraten.
Zu den Kosten gehören im Falle eines Gerichtsverfahrens neben dem Anwaltshonorar auch die je nach Ausgang des Verfahrens anfallenden Gerichts- und Prozesskosten. Unter Umständen fallen auch die Kosten der Gegenseite (hauptsächlich Anwaltskosten im Rahmen der gesetzlichen Gebühren, aber auch z.B. Sachverständigengebühren) an. Ihr Anwalt wird die möglichen Kosten Ihres individuellen Falles gemeinsam mit Ihnen besprechen. In der Regel werden wir von Ihnen auch einen Vorschuss verlangen.
Dann ist zu klären, wer die Kosten übernimmt.
- Besitzen Sie eine Rechtsschutzversicherung? Auf Ihren Wunsch hin werden wir im Anschluss an unser Gespräch gegen ein geringes Entgelt bei der Versicherung anfragen, ob diese bereit ist, die Kosten zu übernehmen. Dafür benötigen wir die Daten der Versicherung (Name der Versicherung, Ihre Mitgliedsnummer). Die Deckungszusage der Versicherung kann einige Tage in Anspruch nehmen.
Besprechung des weiteren Vorgehens
Wenn Sie sich entschieden haben, dass wir Ihr Mandat übernehmen sollen, wird im nächsten Schritt geklärt, wie weiter vorgegangen werden soll.
Je nach Komplexität des Falls werden wir Ihnen bereits in diesem Gespräch darstellen, wie es weitergehen soll. Falls hierfür zunächst eine Recherche und eine intensive Prüfung der Ausgangslage nötig ist, werden wir das Vorgehen zu einem späteren Zeitpunkt mit Ihnen abstimmen.
Sofern Sie einen Anspruch geltend machen wollen, wird in der Regel auch die Frage diskutiert, inwiefern eine Klage für Ihre Ziele sinnvoll ist. Dabei spielt nicht nur das Kostenrisiko eine Rolle, das Sie bei Klagen beachten müssen. Zu überlegen ist auch die Tatsache, dass die Durchsetzung Ihrer Interessen vor Gericht häufig sehr lange dauern kann (mehr als ein Jahr Verfahrensdauer ist keine Ausnahme).
Wir werden Sie bitten, uns eine Vollmacht zu unterschreiben. Nur mit dieser sind wir gegenüber Dritten ungehindert, Sie zu vertreten.
Damit wir dann auch als bald als möglich für Sie tätig werden können, sollten Sie schnellstmöglich den vereinbarten Vorschuss bezahlen.
Ihre Aufgabe
- Unterlagen mitbringen (s.o.)
- Lückenlose und wahrheitsgemäße Schilderung der Ereignisse
- Unterlagen zur Rechtsschutzversicherung mitbringen; insbes. Name, Anschrift, VersicherungsNr
- Vollmacht unterschreiben
- Vorschuss bezahlen
3. Nachbereitung
Oftmals wirft der Besuch beim Anwalt noch zahlreiche Fragen auf, die nicht sofort beantwortet werden können. Deshalb sollten Sie sich gleich nach dem jeweiligen Termin daran setzen, Ihre Hausaufgaben zu machen, z. B. fehlende Unterlagen bei uns einreichen, Anrufe tätigen, Umstände aufklären, Bescheinigungen besorgen, Pläne nachsehen, Zeugenlisten erstellen etc.
Vergessen Sie bitte nicht, auch den vereinbarten Vorschuss zu bezahlen, soweit Sie es nicht schon getan haben.
Ihre Aufgabe
- Hausaufgaben erledigen
- Vorschuss bezahlen
4. Versuch der außergerichtlichen Einigung
Je nach Fallgestaltung werden wir Ihnen vorschlagen, den Konflikt zunächst ohne eine Klage vor Gericht beizulegen. Dafür werden wir zum Beispiel ein Schreiben an die Gegenseite (im Normalfall also an Ihren Konfliktgegner selbst oder dessen Anwalt) verfassen, in dem wir Ihre Forderungen benennen und juristisch begründen. Dieses Vorgehen werden wir vorher in den Grundzügen mit Ihnen abstimmen.
Sollte die Gegenseite hierauf nicht eingehen, ist im nächsten Schritt zu überlegen, ob eine Klage eingereicht werden soll.
Ihre Aufgabe
- Abstimmung der Forderungen
5. Gerichtsverfahren
Entscheiden Sie sich zusammen mit uns, Klage zu erheben, werden wir für Sie die Klageschrift fertigen. In dieser werden wir die Sachlage darstellen, Ihre Forderungen benennen, die Sie gerichtlich durchsetzen wollen und alle Argumente anführen, die diese Forderungen begründen. Nach Rücksprache mit Ihnen werden wir diesen Schriftsatz an das Gericht absenden und damit für Sie Klage einreichen.
Bei Klageeinreichung müssen Sie als Kläger einen Prozesskostenvorschuss an das Gericht zahlen. Die Höhe richtet sich nach dem so genannten „Streitwert“. Üblicherweise bildet der Betrag der Forderung, die eine Partei gegen die andere erhebt den Streitwert. Der Prozesskostenvorschuss wird später mit den festgesetzten Gerichtskosten verrechnet. Beachten Sie bitte: das Gericht wird nicht tätig, bevor Sie die Kosten bei Gericht eingezahlt haben.
Das Gericht leitet nun den Schriftsatz an die Gegenseite weiter, die nun die Möglichkeit hat, darauf zu erwidern.
Ferner bestimmt das Gericht einen Termin für die Güteverhandlung, bei der es einen Vorschlag zur Einigung beider Parteien unterbreitet. Wird der Vorschlag nicht angenommen und können die Parteien sich auch sonst nicht einigen, folgt in der Regel direkt im Anschluss die mündliche Verhandlung. Im Vorfeld der Güteverhandlung werden wir mit Ihnen eventuelle Einigungsmöglichkeiten aufgrund der gewechselten gerichtlichen Schriftsätze besprechen.
In der Güteverhandlung und der mündlichen Verhandlung werden wir Sie vertreten. Sie müssen daher grundsätzlich nicht persönlich anwesend sein. Im Einzelfall ist dies jedoch sinnvoll. In manchen Fällen aber ordnet das Gericht Ihr persönliches Erscheinen an; dann müssen Sie kommen. In beiden Fällen werden wir vorher mit Ihnen darüber sprechen.
In der mündlichen Verhandlung stellen nun beide Parteien die Fakten aus ihrer Sicht dar und tragen die Argumente für Ihre Position vor, soweit dies nicht bereits in der Güteverhandlung erfolgt ist. Falls die Faktenlage nicht eindeutig ist, kommt es zu einer Beweisaufnahme: Hierzu werden die von den Parteien genannten Zeugen oder Sachverständigen geladen und angehört. Am Ende der mündlichen Verhandlung können beide Parteien noch einmal Stellung nehmen.
Ihre Aufgabe
- Gerichtskostenvorschuss leisten
- Abstimmen der Verhandlungsposition für mögliche Einigung
- Falls notwendig: persönliches Erscheinen vor Gericht
6. Urteil
Anders als aus dem Fernsehen bekannt, wird das Gerichtsurteil in der Realität häufig nicht direkt nach der mündlichen Gerichtsverhandlung verkündet. Am Ende der Verhandlung nennt der Richter oder die Richterin vielmehr einen gesonderten Termin, an dem das Urteil bekannt gegeben wird. Zu diesem Termin müssen Sie nicht erscheinen. Beide Parteien bekommen das Urteil an ihre Anwälte zugeschickt.
Falls die Klage keinen Erfolg hatte, sollten Sie zusammen mit uns prüfen, ob eine Berufung gegen das Urteil sinnvoll erscheint.
7. Abrechnung
Das Gerichtsurteil bestimmt auch, welche Kosten dem Grunde nach welche Partei zu tragen hat. Falls das Gericht allein dem Kläger Recht gibt, muss die Gegenseite die Gerichtskosten, Ihre Anwaltskosten – soweit sie den gesetzlichen Gebühren entsprechen – sowie die Kosten für die Beweisaufnahme (z.B. die Ladung von Zeugen und Sachverständigen) tragen. Häufig ist es jedoch so, dass beide Parteien teilweise Recht bekommen und auch die Kosten entsprechend aufgeteilt werden.
In jedem Fall tragen Sie auch als Gewinner eines Prozesses immer ein Kostenrisiko: Sollte Ihr Prozessgegner zahlungsunfähig sein, müssen Sie die entstandenen Kosten Ihres Anwalts und die Gerichtskosten selbst tragen.
Ihre Aufgabe
- Abrechnung mit Ihrem Anwalt
8. Zwangsvollstreckung
Haben Sie nun ein vorläufig vollstreckbares oder rechtskräftiges Urteil errungen und kommt Ihr Gegner der darin ausgesprochenen Verpflichtung nicht freiwillig nach, schließt sich an das Klageverfahren das Zwangsvollstreckungsverfahren an. Dieses bildet ein eigens Zivilverfahren, zu dessen Einzelheiten wir Sie dann ausführlich beraten werden.
Ihre Aufgabe
- folgt Ihr Schuldner nicht dem Ausspruch des Urteils, reden Sie mit uns
Darstellung des Ablaufs eines Zivilprozesses (PDF-Download)
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